Die Handwerkerkunst der Rapanui auf der Osterinsel

Die Handwerkerkunst der Rapanui auf der Osterinsel


Die Handwerkerkunst der Rapanui auf der Osterinsel

Die Handwerkerkunst der Rapanui auf der OsterinselInselkarte und Die Handwerkerkunst der Rapanui auf der OsterinselKurzbeschreibung:

Die Handwerker auf der Osterinsel gehörten mit ihren hochspezialisierten Fähigkeiten der sozialen Gruppe der "tuhunga" an und hatten in der Rapa Nui Gesellschaft eine besondere Stellung. Diese Stellung wurde laut Alfred Métraux in der Regel in der männlichen Erblinie fortgeführt. Das Wissen um die Fertigkeiten wurde laut Métraux vom Vater auf den Sohn weitergegeben, gleichwohl standen die unterschiedlichen Berufszweige allen offen, die entsprechende Talente zeigten.

"tuhunga" ist die alte Wortbeschreibung für "Experten von hohem Rang". Die Wortumschreibung umfasste deshalb auch die Priester (Métraux 1957, Steven Roger Fischer 2005). In den 1880er Jahren ersetzten Rückkehrer aus Tahiti das alte Rapanui-Wort tuhunga mit Ma'ori.

 

Quelle:
- "Die Osterinsel", Alfred Métraux 1957, S. 80 ff.,
- "Island at the End of the World - The turbulent History of Easter Island" von Steven R. Fischer 2005, S. 22, 48, 49,
- "The Mystery of Easter Island", Routledge, 1919
- "Die Oster Insel - Eine Stätte prahistorischer Kultur in der Südsee 1883", Bericht des Kommandanten, Kapitänleutnant
    Wilhelm Geiseler vom 2. November 1882.
- "La Tierra de Hotu Matu´a", Sebastian Englert 1948

 

Die Handwerker auf der Osterinsel

Als die Osterinsel im Jahre 1722 entdeckt wurde, war die Blütezeit für die hohe Kunst des Handwerks bereits vorbei. Roggeveen und seine Reisebegleiter berichten zwar noch von intakten Zeremonie-Anlagen und ordentlich bestellten Feldern, doch die Arbeiten im Moai-Steinbruch Rano Raraku waren eingestellt und Bauholz gab es schon lange nicht mehr.

Durch den zunehmenden Einfluss der jährlich wechselnden Vogelmänner mit ihren unterschiedlichen Interessen begannen in dieser Zeit auch interne Clan-Konflikte mit wechselseitigen Zerstörungen und Vergeltungskriegen. Die Spezialisten für die Feldbestellung, für den Bau von Paenga-Hütten oder auch die Netzflechter waren mehr damit beschäftigt, zerstörte Ressourcen zu reparieren als innovativ neue Akzente zu setzen.

Dennoch: Zeugnisse von den Fähigkeiten der Handwerker finden sich überall auf der Insel, in Form der Ahu-Bauten, Moai, Petroglyphen, der Ritualfiguren, der steinernen Fischhaken oder auch der Rongorongo-Schrifttafeln. Über andere Bereiche wie der Bootsbau oder die Herstellung von Netzen oder aus der Landwirtschaft ist wegen der Vergänglichkeit der Produkte weniger bekannt, doch es hat sie gegeben.

Ein alter Rapanui konnte Jakob Weisser (Geiseler-Expedition 1882) noch erzählen, dass es bei ihren Vorfahren eine bestimmte Kaste gegeben hatte, die die "Steinidole" (Moai) hergestellt haben. Diese Kaste betrieb das Handwerk gewerbsmäßig und wurde von den Bewohnern als "Idolmacher" bezeichnet. Die Idolmacher, wie auch die Bootsmacher genossen ein hohes Ansehen in der Bevölkerung und erfüllten selbst die Nachkommen noch mit großem Stolz. Der Rapanui berichtete, von einem Idolmacher wurden mehrere Idole zeitgleich angefangen und zu Lebzeiten konnte er lediglich ein oder zwei komplett fertigstellen. Im ausgehenden 19. und eingehenden 20. Jahrhundert fanden sich in den Moai-Steinbrüchen des Rano Raraku noch hunderte von Steinwerkzeugen in Form von Steinmeißel und Schlagsteine. Selbst heute finden sich solche Werkzeuge noch bei gezielten Ausgrabungen.

 

Bildhauer für Moai:

Nach Recherchen von Alfred Métraux erhielten die Meister der Steinwerkskunst von den Clans jeweils den Auftrag, ein Denkmal (Moai) für ihre Ahu-Anlage zu erstellen. Am Steinbruch Rano Raraku arbeiteten die Bildhauer-Spezialisten in Gruppen, die von einem Meister angeführt wurde. Alfred Métraux meint auch, die Arbeiter am Rano Raraku seien möglicherweise von Bauern und Fischern mit Lebensmittel versorgt worden. Bierbach und Cain meinen, die Steinmetz-Gruppen am Rano Raraku hätten jeweils in einer verwandtschaftlichen Beziehung gestanden, die zum Nutzen ihrer Verwandtschaftsgruppen gearbeitete hätten.

Ein Inselführer von William J. Thomson erzählte 1886 noch voller Stolz, dass sein Großvater "U'u Rata Hui" ein berühmter Bildhauer gewesen sei.

 

Bildhauer für Petroglyphen:

Die Petroglpyhen rund um die Osterinsel und speziell am Vogelmann-Kultort Orongo zeigen eindrucksvoll die Kunstfertigkeit einiger "tahunga" in der Spätphase dieses Kultes. Auf den begrenzten Flächen der Felsen finden sich vornehmlich "Tangata-Manu" (Vogelmann) Petroglyphen, die aus verschiedenen Zeitepochen übereinander eingeschlagen wurden. "Georgia Lee" meint, jeder neue Vogelmann sei mit einer entsprechenden Petroglyphe verewigt worden. Die so klassisch, in Reliefform, eingeschlagenen Tangata-Manu sind mit großer Wahrscheinlichkeit das Produkt von Steinmetzmeistern, deren Kapazitäten nach der Schließung des Moai-Steinbruchs am Rano Raraku nach 1670 freigeworden sind.

 

Holzschnitzer der Ritualfiguren:

Vornehmlich die alten Ritualfiguren aus dem 18. Jahrhundert (und davor) zeigen die hohe handwerkliche Schnitzkunst der Osterinsulaner. Eindrucksvoll sind vor allem die so genannten "Moai-Kavakava" Figuren mit teilweise sehr feingliedrig angebrachte Kopfverzierungen.

Die "Moai-Kavakava" sollen Abbilder böser Geister gewesen sein, die als Schutzfiguren in den Wohnhütten (Paenga) der Rapanui platziert waren. Andere Figuren wie die "Moai-Tangata" oder "Moai-Papa" stellten wohl Ahnen da, weitere wie die "Moai-Tangata-Manu" oder "Moko", "Tahonga" oder "Rei-Miro" waren Hilfs- und Schutzfiguren zur Ausübung bestimmter Rituale.

Derartige Ritualfiguren wurden aus dem harten Holz des "Toromiro"-Holz gefertigt, eine Baumart, die ab 1965 als ausgestorben galt, jedoch 1995 mit mäßigem Erfolg wieder angesiedelt wurde.

Der Belgier Dederen Francois "Te Pito" hat die ganzen Museen dieser Welt aufgesucht und 2013 in seinem Buch "Corpus – Rapa Nui" insgesamt 581 Abbildungen dieser Holzfiguren zusammengetragen. Viele von den heute bekannten Figuren wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus minderwertigem Holz gefertigt und den damaligen Besuchern als "Touristenware" verkauft.

 

Gelehrte für die Herstellung der Rongorongo Schrifttafeln:

Die Rapanui auf der Osterinsel haben als einziges Volk in Polynesien eine Schrift hervorgebracht, deren Zeichen auf Holztafeln festgehalten wurden. Den Überlieferungen nach, sind die Schriftgelehrten und Urheber dieser Tafeln der Priestergilde zuzuordnen.

Die Vielzahl der unterschiedlichen Rongorongo-Zeichen steht alleine schon für eine hohe Kunstfertigkeit, doch die Schneidekunst in das Trägermaterial ist ebenso bemerkenswert. Von Forschungsreisenden wie William J. Thomson oder Katherine Routledge ist bekannt, dass "Rongorongo-Männer" in Priesterschulen die Zeichen zunächst auf Bananenblättern zu üben hatten und nur die Meister(schüler) diese Zeichen dann auch in Holztafeln einschneiden durften. Die Qualität wurden abschließend vom Großkönig "ariki-mau" persönlich geprüft und abgenommen.

Die Vorbereitung des Trägermaterials ist bei den meisten der heute bekannten Tafeln (rd. zwei Dutzend) allerdings wenig meisterlich. Auf Holzplatten oder Stäben wurden ca. 2 cm breite Riefen angebracht, in denen dann die Zeichen eingeschnitten wurden. Inwieweit es wahre Meisterstücke gab, ist nicht bekannt. Der Großkönig "Ngaara" (1833-1859) soll in Besitz von einigen hundert Tafeln gewesen sein.

Die meisten dieser Tafeln sind leider in der Zeit zwischen 1853 und 1869 verloren gegangen. Informanten berichteten Thomson und Routledge, viele der Tafeln seien während der Kriege mit den Paenga-Hütten verbrannt. Ein Rapanui namens Hina Pote, der Pater Kaspar Zumbohm auf einen Besuch zum Bischof Étienne Jaussen begleitete meinte auf Nachfrage von Jaussen für weitere Exemplare: "[…] die meisten der für sie nutzlosen Hölzer seien zwischenzeitlich dazu verwendet worden, um die Feuer in ihren Öfen anzuheizen".

 

 

Die Bootsbauer:

Die Vielzahl der maritimen Petroglyphen auf den Lavaplatten "Papa-Vaka" zeigen, dass es an der Nordostküste einmal eine florierende Fischerei mit Langbooten gegeben haben muss. Darstellungen von Thun-Fischen, Delfinen, Haien und sogar Walen zeigen die Fangerfolge der historischen Bevölkerung. So gesehen muss es auf der Osterinsel einmal hochseetüchtige Boote gegeben haben.

Zum Zeitpunkt der ersten Kontakte mit Europäern (1722) waren allerdings keine seetüchtigen Boote mehr vorhanden. Die ersten Entdecker berichten lediglich von einigen kleinen Kanus, die aus kleinen schmalen Holzstücken gefertigt waren - eine Folge des Holzmangels auf der Insel. Doch selbst diese Kanus zeigen, dass die Vorfahren der angetroffenen Rapanui eine hohe Kunstfertigkeit im Bootsbau gehabt haben müssen.

 

Die Netzweber:

Die Osterinsulaner haben in historischen Zeiten Netze hergestellt, von denen sich leider wegen des Naturmaterials wenige erhalten haben. Doch schon die ersten Besucher unter Felipe González (1770) oder Charles Bishop (1795) aber auch spätere Besucher wie Adalbert von Chamisso und Ludwig Choris (1816) sowie Colin M. Dundas (1868) oder Walter Knoche (1911) zeigten sich beeindruckt von den feinmaschigen Netzen.

William J. Thomson (1886) hat als Erster sogar die Fischernetze fotografisch festgehalten und beschrieben.

Komischerweise finden sich auf der Osterinsel unter den tausenden von Petroglyphen lediglich zwei Abbildungen von Fischernetzen.



Das Knüpfen von Knoten:

Von Pater Sebastian Englert kommt die Information, dass die Handwerker beim Knüpfen von Knoten eine ganz bestimmte Richtung und Reihenfolge einzuhalten hatten, um Unglück abzuwehren. Knoten waren beispielsweise wichtig beim Bau von Paenga-Hütten, Netzweber, Bootsbauer oder auch Priester beim Binden der Bekleidungsknoten.

 

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